Pralines im Brotteig
Aus dem Tagebuch einer Baeuerin – November 2010
Ich stehe sehr früh auf – heute wird es einen anstrengenden Tag geben. Der Folgetermin beim Zahnarzt in Zürich ist am Morgen fällig. Am Nachmittag ist ein Apéro einer Firma für 20 Personen in unserer alten Scheune geplant. Daher sollte der Zopf- und Brotteig vor meiner Wegfahrt zum Aufgehen bereit sein. Damit er nicht „davon läuft“ werde ich ihn für ein paar Stunden kühl stellen. Nach meiner Rückkehr muss er nur noch geformt und in den bereits durch meinen hilfsbereiten Mann vorgeheitzten Ofen geschoben werden. Ich nehme Dinkel- und verschiedene eigene Mehle für das Brot, sowie einen Teil Milch. Das wird ein Superbrot geben, denn diese Leute kommen vorwiegend aus der Stadt und ein besonders schmackhaftes Bauernbrot wird geschätzt und ist zugleich auch Werbung für die Landwirtschaft. Die Maschine knetet selbständig während wir Zmorge essen. Der Zopfteig wurde bereits vorher in der anderen Küchenmaschine vorbereitet. Uff, die erste Arbeit ist geschafft – denke ich – doch es kommt anders! Ich sehe mir den gekneteten Teig an und stelle mit Entsetzen fest, dass das verdächtig nach glasierten, ehemals halbseitig mit Schoggi überzogenen Orangenschnitzen aussieht, die da allesamt im Teig verteilt, sind mitsamt der zerrissenen Verpackung. Wie ist das möglich?
Die Ursache ist schnell geklärt! Beim letzten Zahnarztbesuch habe ich mir aus der Stadt 150 g dieser feinen Orangenschnitze gekauft, die ich über alles liebe, die aber nur in der Stadt zu kaufen sind. Ich habe sie als Belohnung für meinen Mann und mich gedacht und zwar zur feierlichen Beendigung der grossen Obsternte. Mein Mann und die Töchter wissen aber auch, was gut ist! Sie kennen unterdessen alle geheimen Verstecke der Mutter und so habe ich ein neues Versteck in der Knetmaschine gefunden, da würde ganz sicher niemand …! Die Obsternte lagert längst im Keller, oder ist verkauft. Ich selber habe einen ganzen Monat lang diese feine Spezialität vergessen – über die Auswirkungen meines schlechten Gedächtnisses wissen Sie nun Bescheid!
Die Bahn würde sicher nicht auf mich warten und so half mir mein Mann beim Abwägen des neuen Mehles. Ich kann mit dem Auto jedoch nicht aus der Garage fahren. Vor dem Haus steht ein Tankwagen, der den Schacht reinigt. Nach einer längeren Diskussion räumt er „das Feld“. Endlich auf der Strasse, gibt es neue Hindernisse: Es sind etliche schwer geladene Zuckerrübenwagen mit „langsamen“ Traktoren unterwegs. Wegen dem dichten Nebel kann ich sie nicht überholen – die Zeit drängt! Doch gottlob, ich habe es noch in letzter Minute geschafft!
Fazit meiner Geschichte
Eigentlich sollte man öfters zum Zahni gehen, denn ausgerechnet dann erlebe ich meistens etwas Humorvolles (siehe meinen Bericht „Hühner im Wald“ vom Oktober). Doch möchte ich Ihnen den weisen Rat geben: benutzen Sie Ihre Knetmaschine nie als Versteck!!! Es ist doch zu schade für den Teig, samt „süssen“ Zutaten oder aber wenn Sie dieses Versteck trotzdem eine Superidee finden, dann halten Sie Ihre Hirnzellen fit und spielen Sie viel Memory mit ihren Kindern!!!
Lydia Flachsmann-Baumgartner