Unsere jüngsten Töchter sind im Teenageralter. Es ist kurz vor Weihnachten. Meinem Mann steht eine Knieoperation bevor. Deshalb schlägt er Mitte Dezember zwei Christbäume im eigenen Wald – einer ist schön und dem anderen fehlen zwei bis drei Zwischenäste. Eine Obstkundin sieht die Bäume und möchte unbedingt einen haben und selbstverständlich nimmt sie die Prachtstanne.

Die Knieoperation ist gut gelungen und schon bald kann Hans mit Stöcken gehen. Es ist Sonntag, der 24. Dezember, es ist kalt und es regnet in Strömen. Mein Mann hat den übrig gebliebenen Baum in den entsprechenden Ständer eingesetzt und in die Stube gestellt. Die Töchter kommen in die Stube und äussern sich entsetzt über das wüste „Grotzli“, wie sie sagen. Vater verspricht, dass er fehlende Äste einsetzten würde. Das nützt alles nichts – sie finden, dass es so kein schönes Weihnachtsfest geben würde. Ich beschwichtige die Mädchen und finde, dass dieser Baum nicht so arg sei und er würde sogar mehr Platz haben für Kerzen haben. Hans sagt ihnen auch, dass ein schönes Weihnachtsfest nicht von einem Baum abhänge. Der Baum mit den Kerzen sei nur das Symbol für das gekommene Licht durch Christi Geburt. Er findet er habe seine Schuldigkeit getan.

Die Mädchen beschliessen, trotz Sauwetter nochmals in den Wald zu gehen. Vater wartet im warmen Auto und es vergeht eine lange Zeit, bis die zwei ächzend mit dem Baum daher kommen und sie finden, dass dies gar nicht einfach sei, einen schönen Baum zu finden in diesem Dickicht und das bei strömenden Regen. Nun war Frauenpower angesagt, denn nun mussten die Töchter die Tanne richten und in die Stube bringen. Nach einer Viertelstunde haben sie angeblich keine Nerven mehr und die Eltern müssen helfen. Doch nun ist der Giebel noch zu hoch und das Spitzen ist gar nicht so einfach.

Ende gut – alles gut! Wir haben ein schönes, besinnliches Weihnachtsfest mit Besuch aus Neuseeland gefeiert und der findet wir hätten einen überaus schönen Christbaum – na, wenn der wüsste…! Oh Tannenbaum, oder oh du fröhliche Weihnachtszeit!

Lydia Flachsmann-Baumgartner