Home Die Geschichte des verspäteten Hirten an der Krippe

Die Geschichte des verspäteten Hirten an der Krippe

Für unsere fünf kleinen Grosskinder, Laura, Jana, Ryan John, Nichals und Giulia erzählt.

„Liebes Jesus-Kind – mein Name ist Jaffet, ich bin ein armer alter Hirte aus Bethlehem. Gestern Nacht habe ich mit meinen Kollegen auf dem Felde die Osterlämmer für das Passahfest gehütet. Es ist eine kalte und dunkle Nacht. In der Ferne heulte ein Schakal.

Wir fühlen uns trotzdem sicher, denn unsere Hütehunde sind treue Wächter. Da, plötzlich mitten in der Nacht bemerken wir einen grossen hellen Stern. Dies beunruhigt uns sehr. Es ist uns nicht geheuer und wir fürchten uns. Wir sind uns im weiten Feld in der Nacht an einiges gewohnt, aber diese Lichterscheinung! Hell, ja grell ist uns ein Lichtwesen erschienen oder mein Kind, könnten es gar Engel gewesen sein? Er sagte zu uns mit deutlicher, klarer Stimme: Fürchtet euch nicht – es ist ein Wunder geschehen. Ein kleines Kind, Gottes Sohn ist zur Welt gekommen, er werde sogar Friedensfürst genannt. Wir sollen gehen und nach dir Ausschau halten. Der helle Stern werde uns den Weg zu dir weisen. Nicht in einem Palast oder grossen Haus seiest du geboren worden, nein nur in einem einfachen Stall oder Höhle. Meine Kollegen und ich waren ganz aufgeregt. Alle wollten wir gleich loslaufen, um dieses Wunder zu sehen und den kleinen Königssohn zu begrüssen. Doch da wurde das Los gezogen und natürlich traf es mich – ich vermute die haben gemogelt und gedacht: Dieser alte Kerl merkt es nicht und wir können schneller laufen ohne ihn und er ist sowieso nur ein alter Hinkebein. Ohne zu fragen, nahmen sie ein Lamm mit, auch ein warmes Fell trugen sie mit weg.

Ich hab mich entschlossen, dem Frieden zuliebe, dass ich keinen Radau mache – ich bin ja eigentlich ein friedfertiger Beduine. Doch etwas tröstete mich: Vom Himmel her kam Gesang und ein Halleluja, so schön, dass ich mich kneifen musste, um zu wissen, ob ich überhaupt noch in dieser Welt bin. Ein grosser Friede legte sich auf mein Herz, und ich wusste und fühlte, dass ich dich auch sehen und begrüssen will. Es dämmerte schon, als meine Hirtenkameraden zurück kamen, ganz atemlos und jeder wollte mir zuerst vom grossen Ereignis berichten. Sie haben mir erzählt, wie du in einer einfachen Futterkrippe liegst, mit Heu vom Ochsen und Esel gepolstert. Du habest gezittert vor Kälte und da haben sie schnell das Schäfchen neben dich gelegt und dich mit dem Schaffell gedeckt, damit du dich erwärmt kannst. Du seiest noch so klein. Sie haben mir von deinen Eltern berichtet, dass sie keine bessere Unterkunft gefunden haben, als diese einfache, kalte Höhle. Deine Eltern heissen Josef und Maria, sagten sie.

Auch ich bringe dir ein Geschenk mit und zwar etwas ganz Besonderes: ein kleines Zicklein, erst ein paar Tage alt. Es ist so übermütig und keck. Ich habe ihm eine geflochtene Strohschnur umgebunden, damit es nicht von deiner Krippe wegrennen kann. Entschuldige, dass ich erst am Morgen nach Deiner Geburt komme, aber dafür sehe ich dich bei Tageslicht und kann dich ganz alleine anbeten und werde nicht „weggeschupst“ von meinen Kameraden. Schon meine Vorväter haben vom kommenden Messias dem Retter der Menschen erzählt und nun bist du da! Entschuldige liebes Kind noch etwas: Uns Hirten steht auf dem Feld nur wenig Wasser zur Verfügung, um uns zu waschen und die Arbeit mit den Tieren hinterlässt ihre Spuren und Gerüche. Unterwegs habe ich deshalb an einem Weihrauchstrauch den Kragen meines schmutzigen Kleides an der fein duftenden Rinde gerieben.

Ich bin so froh, dass du da bist . Wir brauchen dich so dringend. Manchmal ist mein Herz schwer, aber ich spüre, du wirst mich trösten. Manchmal macht mir mein Alter zu schaffen, aber du wirst mir beistehen. Manchmal würde ich am liebsten einfach davon laufen – die Mühen des Alltags werden mir zu schwer – du aber wirst mir tragen helfen. Manchmal weine ich im Stillen auf der Weide, weil meine jüngeren Kollegen mit hänseln, weil ich arm bin – aber du machst mich im Herzen reich. Manchmal bin ich richtig durstig nach Trost – aber du wirst meinen Durst stillen. Danke, dass du zu mir, dem armen Hirten gekommen bist und ich fühle es, du wirst der wichtige Eckstein einer neuen Zukunft sein.“

Das alles hat der alte Mann dem kleinen Baby erzählt. Nicht nur er freute sich am Kind, nein auch das kleine Geisslein hüpfte und machte Luftsprünge und landet mitten auf der Krippe. Mutter Maria ist ganz erschrocken, aber als sie ins lächelnde Gesicht ihres Kindes sieht, lässt sie das übermütige Tierlein gewähren. Das Zicklein legt sich auch zum Kind und dem Lamm, auf die andere Seite. Ein grosser Friede liegt über der kleinen Familie und dankbar streichelt Josef die Tiere, die als Bettflaschen fürs kleine Jesus Baby dienen. Maria ist müde und schläft ein und weiss, hier wird die Menschheitsgeschichte neu geschrieben und ich als einfache Frau wurde dazu von Gott auserwählt. Und Josef? Er ist froh, dass trotz aller Härte der Menschen und Widerstand bei der Herbergssuche, nun alles zum Besten wird. Es liegt alles in Gottes, des Vaters Hand.

Lydia Flachsmann-Baumgartner

Author: Lydia Flachsmann

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