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Allerseelen oder sein letztes Weihnachtsfest

Aus dem Tagebuch einer Baeuerin.

Bald schon ist wieder Allerheiligen und Allerseelen – Zeit um vermehrt an unsere verstorbenen Angehörigen und Freunde zu denken. 

Vor über zehn Jahren ist bei Herbstarbeiten ein Angestellter unseres Nachbarn mit einer Erntemaschine tödlich verunglückt. Ein schlimmer Tod. Wir sind sehr traurig. Die letzte Weihnachtsfeier hat er mit unserer Familie verbracht. Wir sangen besinnliche Weihnachtslieder, begleitet von einer Gitarre und Flöte und es ist Tradition bei uns, dass jeweils auch die Weihnachtsgeschichte vorgelesen wird. Auch lustiges wird geboten. Die Töchter lesen ihrem Vater Hans jedes Jahr das Gedicht vor: „Da kommt Hans mit seinem Schlitten“ – wie die Verse „dramatisch“ enden, das können Sie sich sicher erahnen. 

Er war am Weihnachtsabend bei uns, weil seine Tochter schwer krank war und operiert werden musste und nun war seine Frau mit Kind zur Erholung und Kur gefahren, eben über die Festtage. Als sich der junge Mann verabschiedete, hatte er Tränen in den Augen und meinte, dies sei seine schönste Weihnachtsfeier gewesen. Wir können es nicht fassen, dass fast ein Jahr später dieses hoffnungsvolle Leben ausgelöscht wurde. 

Kurz nach seinem Tod, es ist um Allerheiligen, gehe ich abends in der Dunkelheit zum Stall runter, um beim Kälbertränken mitzuhelfen. Mir stockt „schier“ der Atem! Da brennt oben auf dem Hochsilo eine kleine Flamme – mir wird unheimlich zumute und ich stürme mit der Türe in den Kälberstall. Wollte sich dieser Bursche von uns verabschieden oder ist es sonst ein Geisterspuk? Ich fürchte mich sehr! Mein Mann ist Realist und glaubt nicht an Geister. Er stellt fest, dass es einen elektrischen Funkensprung gegeben hat! Der Elektriker stellt am andern Tag fest, dass die Erdung nicht mehr in Ordnung war. Kein Wunder also, dass die Kinder jeweils den Gartenwasserhahn im Sommer nicht abstellen wollten, oder dass es beim Duschen manchmal einem kurz eins zwickte. 

Fazit

Meistens kann man solch Unheimliches erklären, doch, ich gebe zu, die Gespenstergeschichten, welche jeweils in meiner Jugend an dunklen, langen Winterabenden erzählt wurden, wirken nach. 

Lydia Flachsmann-Baumgartner

Author: Lydia Flachsmann

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